für Meereskunde
Filmvorführungsreihe: Frauen in der Wissenschaft - von Ungleichheit zur Führungsrolle?
24. März 2023, von Céline Gieße

Foto: Céline Gieße
Obwohl die Zahl der Frauen, die eine Karriere in MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) anstreben, höher ist als je zuvor, stehen Wissenschaftlerinnen immer noch vor Herausforderungen, um in ihrer Karriere voranzukommen. Darüber hinaus sind Wissenschaftlerinnen häufig von schwerwiegenden Problemen wie Belästigung, Mobbing sowie bewussten und unbewussten Vorurteilen/Diskriminierung betroffen, die jedoch in der Regel verschwiegen werden. Um den Dialog zu fördern und das Bewusstsein für diese Probleme zu schärfen, haben sich Vertreter der Graduiertenschulen IMPRS-ESM und SICCS, der Gleichstellungskommission des MPI für Meteorologie und des Gender & Diversity-Ausschusses des Exzellenzclusters CLICCS zusammengetan, um die Vorführung zweier Dokumentarfilme, die sich mit diesen Problemen befassen, mit anschließenden Diskussionsrunden zu organisieren.
Die Reihe begann am 21. März mit der Vorführung von "Picture a Scientist", einem eindrucksvollen und zum Nachdenken anregenden Dokumentarfilm, der die Erfahrungen von Wissenschaftlerinnen in MINT-Bereichen beleuchtet. Der Film zeigt die persönlichen Geschichten dreier beeindruckender Wissenschaftlerinnen - der Biologin Nancy Hopkins, der Chemikerin Raychelle Burks und der Geologin Jane Willenbring - und beleuchtet die Kämpfe und Herausforderungen, mit denen Frauen in der Wissenschaft konfrontiert sind, darunter sexuelle Belästigung, Geschlechterdiskriminierung und die Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen. Der Film verwendet die Metapher eines Eisbergs, um zu verdeutlichen, dass nur ein kleiner Teil des Problems sichtbar ist (unerwünschte sexuelle Aufmerksamkeit, Nötigung, Übergriffe usw.), während der Großteil der subtileren Formen von geschlechtsspezifischer Diskriminierung und sexueller Belästigung (z. B. in Meetings ignoriert zu werden, nicht zur Zusammenarbeit eingeladen zu werden, Leistungen, die nicht anerkennt werden, unangemessene E-Mails, obszöne Gesten, Feindseligkeit usw.) unsichtbar unter der Oberfläche bleibt. Der Film spricht auch das Problem der "undichten Pipeline" in den MINT-Bereichen an: Während Frauen auf den unteren Karrierestufen gut vertreten sind, sind sie auf dem Weg nach oben in den "Elfenbeinturm" der akademischen Laufbahn zunehmend unterrepräsentiert. Frauen sehen sich häufig mit Hindernissen konfrontiert, wie z. B. unbewussten geschlechtsspezifischen Vorurteilen, fehlenden Mentoren- und Vernetzungsmöglichkeiten und der Notwendigkeit, Karrierewünsche mit familiären Verpflichtungen in Einklang zu bringen, was sie daran hindert, in ihrer Karriere voranzukommen und sie zwingt, die akademische Welt zu verlassen. Die Daten, die die unbewusste geschlechtsspezifische Voreingenommenheit untermauern, die wir alle aufgrund gesellschaftlicher Konditionierung haben, sind beeindruckend: Männer werden mit größerer Wahrscheinlichkeit als kompetent angesehen, als Mentoren betreut oder eingestellt und erhalten ein höheres Gehalt als Frauen mit den gleichen Qualifikationen. Es kann aufschlussreich sein, sich seiner eigenen unbewussten Vorurteile bewusst zu werden, indem man beispielsweise einen von der Harvard-Universität entwickelten Impliziten Assoziationstest macht. Hoffnungsvoll stimmt, dass der Film auch zeigt, dass das Bewusstsein wächst und in Teilen des akademischen Systems ein Kulturwandel einsetzt. "Picture a Scientist" ist eine eindringliche Erinnerung an die wichtige Rolle, die Vielfalt und Integration bei der Förderung des wissenschaftlichen Fortschritts spielen.

Foto: Céline Gieße
Im Anschluss an die Filmvorführung fand eine lebhafte und interessante Diskussion mit dem Publikum und einem Podium statt, bestehend aus den IfM-Professoren Eleanor Frajka-Williams und Dirk Notz sowie Simone Rödder, Professorin für Wissenschaftssoziologie. Die Diskussion berührte viele Facetten des Themas Gleichstellung in der Wissenschaft und es wurden persönliche Erfahrungen ausgetauscht. Es wurde hervorgehoben, dass Machtstrukturen in der Wissenschaft mit singulären Abhängigkeiten, z.B. in einem Studentin-Betreuer-Verhältnis, problematisch sind und eine hohe Anfälligkeit für Belästigungen verursachen. Sogenannte “Advisory Panel Systems” mit regelmäßigen Treffen, wie sie in den Graduiertenschulen IMPRS und SICCS eingerichtet wurden, können eine gute Möglichkeit zur Prävention sein, dabei sollte jedoch die Unabhängigkeit der beteiligten Betreuenden gewährleistet sein. Außerdem wurden die Vor- und Nachteile von Geschlechterquoten diskutiert. Sie tragen zwar dazu bei, den Frauenanteil zu erhöhen, aber es gibt Fälle, in denen Frauen zu Vorstellungsgesprächen, zur Mitarbeit in einem Ausschuss o.ä. eingeladen werden, nur um eine Quote zu erfüllen, und nicht, weil sie gut geeignet sind. Dies kann eine niederschmetternde Erkenntnis sein und den Frauen unnötige Mehrarbeit bescheren. Ein weiterer Diskussionspunkt war die Bedeutung von Vorbildern. Weibliche Vorbilder zu haben, kann für junge Wissenschaftlerinnen sehr ermutigend sein. Wenn es an weiblichen Vorbildern in der eigenen Einrichtung mangelt, können Mentoring-Programme wie MPOWIR eine wertvolle Ressource sein. Auch sollte es normalisiert werden, eine Familie und eine erfolgreiche akademische Karriere zu haben, zum Beispiel indem man Kinder zu gesellschaftlichen Veranstaltungen oder Konferenzen mitbringt. Es wurde ferner festgestellt, dass nicht nur Frauen, sondern auch Männer als Vorbilder dienen können und dass ihre Rolle bei der Veränderung der akademischen Kultur von entscheidender Bedeutung ist. Es reicht nicht aus, wenn Männer Frauen nicht diskriminieren oder belästigen. Sie sollten sich der Probleme bewusst sein und in Fällen von subtiler oder offensichtlicher geschlechtsspezifischer Diskriminierung eingreifen und sich dagegen einsetzen. In diesem Zusammenhang äußerten viele Teilnehmende ihre Enttäuschung darüber, dass die Veranstaltung hauptsächlich von Frauen und jungen Wissenschaftler:innen besucht wurde und nur wenige männliche Wissenschaftler in leitenden Positionen anwesend waren.
Glücklicherweise gibt es eine zweite Chance: Am Mittwoch, 29. März, wird die Reihe mit einer Vorführung des Films "The Leadership" und einer anschließenden Diskussion fortgesetzt.