für Meereskunde
Ein Sommer mit Unterwasserrobotern und arktischen Gletschern
17. März 2022, von Lena Nicola

Foto: Lena Nicola
Während sich Europa im letzten Jahr in der Sonne bräunte und den wärmsten Sommer aller Zeiten erlebte, konnte ich der Hitze entkommen und 5 Wochen auf Svalbard verbringen! Im Rahmen des Kurses Arctic Measurement Methods and Technology am University Centre in Svalbard (UNIS) konnte ich Unterwasserroboter ausprobieren, die den Meeresboden kartieren, und Experimente mit Proben bei -18°C durchführen, um thermische und mechanische Eigenschaften von Meereis zu testen.
Halt, halt, halt - Unterwasserroboter? Experimente mit Meereis? Thermische und mechanische Eigenschaften? Fangen wir am Anfang an.
Ich studiere im Masterstudiengang Integrated Climate System Sciences und habe meine Leidenschaft für die kalten Regionen der Erde schon vor einigen Jahren entdeckt. Es ist wichtiger denn je zu verstehen, wie sich die Eismassen der Erde in Zukunft verändern werden und wie sie mit anderen Komponenten des globalen Klimasystems interagieren. Um praktische Erfahrungen zu sammeln und die Gletscher und das Eis aus nächster Nähe zu studieren, belegte ich im August 2021 einen Extrakurs am University Centre in Svalbard, kurz UNIS. UNIS hat seinen Sitz in Longyearbyen, der größten Siedlung des Svalbard-Archipels, das auf etwa 78°N inmitten der norwegischen Arktis liegt.

Der Kurs war in drei Module gegliedert. Im ersten Modul ging es um Meereis und Eisberge. In Vorlesungen lernten wir etwas über die Entstehung und das Wachstum von Eis, die Entstehungsorte und Eigenschaften von Eisbergen, Meereispressrücken und die Meereisdrift im Ozean. Wir konnten auch praktische Experimente mit Meereisproben durchführen. UNIS verfügt über mehrere Labore, die man auf eine gewünschte Temperatur herunterkühlen kann, um gute Arbeitsbedingungen für den Umgang mit Eis zu schaffen. In einem großen Wassertank beobachteten wir zum Beispiel das Gefrieren von Meerwasser, und durch Bohrungen und Dünnschliffe an bereits vorhandenen Meereisproben konnten wir die (kristalline) Struktur des Eises näher untersuchen. So konnten wir zum Beispiel im Eis gebildete „Brine pockets“ identifizieren, in denen sich beim Gefrieren des Wassers um das Eis herum normalerweise Salz ansammelt.
In der folgenden Woche haben wir uns auf Schifffahrt und Transport auf See konzentriert. Wir lernten die Herausforderungen kennen, die die Eisverhältnisse auf der Nordhalbkugel mit sich bringen, und erfuhren, wie man Eiskarten interpretiert, mechanische Eislasten auf Schiffe berechnet und generell einen Transport plant, zum Beispiel wenn man eine Forschungsstation per Schiff versorgen muss.
Im letzten Modul lernten wir alles über autonome Sensoren und Sensorplattformen einschließlich Unterwasserfahrzeugen. Nach einer Vertiefung der Grundsätze für die Planung von Seeoperationen, hatten wir die Aufgabe einen fiktiven schwimmenden Windkraftanlagenpark vor Longyearbyen zu planen. In vier Tagen Feldarbeit konnten wir besagte Unterwasser-"Roboter" kennen lernen, die potenziell für die Installation und Wartung von Windkraftanlagen in der arktischen Umgebung eingesetzt werden könnten. Wir konnten drei LAUVs (= light autonomous underwater vehicles), aus dem Applied Underwater Robotics Laboratory der NTNU-Universität in Trondheim einsetzen. Diese torpedo-förmigen Roboter können so programmiert werden, dass sie beispielsweise die Temperatur, den Salzgehalt oder die Lichtdurchlässigkeit in der Wassersäule analysieren oder den Meeresboden mit Side-Scan-Sonar kartieren. Mit letzterem konnten wir zum Beispiel ein altes Schiffswrack in Tryghamna identifizieren. Mit Hilfe eines blueye® ROV (= remotely operated vehicle) konnten wir den Meeresboden weiter erforschen. Mit Hilfe eines Gaming-Controllers konnten wir die kleinen Fahrzeuge navigieren und einen Blick auf das alte Schiffswrack werfen.
Während der Mittagspausen im Feld oder bei privat-organisierten Bootstouren konnten wir die beeindruckenden Gletscher rund um Longyearbyen beobachten. Wir hatten auch die Chance, Polarfüchse und sogar Eisbären zu sehen - natürlich mit einem Sicherheitsabstand! Zum Schluss hatten wir eine schriftliche Prüfung, in der wir z.B. die relevanten Konzepte der drei Module erklären mussten. Nach der Prüfung feierten wir das Ende des Kurses mit einem Besuch in der örtlichen Brauerei (der nördlichsten Craftbeer-Brauerei, Svalbard Bryggeri).
Alles in allem bin ich sehr froh, dass es trotz der weltweiten Pandemie möglich war, nach Svalbard zu reisen und dort an einem Kurs teilzunehmen. UNIS schafft einzigartige Möglichkeiten für Studenten, an qualitativ hochwertigen und praxisnahen Kursen teilzunehmen. Wenn ihr mehr über die angebotenen Kurse erfahren möchten, besucht https://www.unis.no/. Ich bin zudem dankbar für die finanzielle Unterstützung, die ich durch ein Hamburglobal-Stipendium für meinen Aufenthalt erhalten konnte.
Über die Autorin
Lena ist Masterstudentin und Mitglied der Meereisgruppe am Institut für Meereskunde der Universität Hamburg. Sie hat gerade ihre Masterarbeit über Niederschlag und Temperatur in der Antarktis abgeschlossen und plant, im Frühsommer diesen Jahres eine Promotion über die Dynamik des antarktischen Eises am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung zu beginnen.
Twitter: @lena_climate