für Meereskunde
Ein Auslandssemester in Utrecht
1. Juli 2022, von Dong Jian und Saskia Kahl

Foto: Dong Jian
Denkst Du über ein Auslandssemester nach? Letztes Semester hat einer der Ocean and Climate Physics Master Studenten ein Semester in Utrecht an der Universität Utrecht studiert. In diesem Interview sprechen wir über seine Zeit in Utrecht, die Unterschiede zwischen deutschen und niederländischen Universitäten und wie man all das organisiert.
Saskia: Dong, Du hast nicht nur beschlossen, von China nach Deutschland zu ziehen, um in Hamburg deinen Master zu machen. Du bist noch einen Schritt weiter gegangen und hast ein Semester in den Niederlanden verbracht. Wie bist Du auf die Idee gekommen, wieder ins Ausland zu gehen? Warum die Niederlande? Und wie war Deine Erfahrung in Utrecht?
Dong: Ich habe mich für Hamburg entschieden, weil die Uni einen guten Ruf hat und relativ günstig ist. Aber mein erstes Jahr im Jahr 2020 verlief wegen der Pandemie nicht gut. Also dachte ich, warum nicht ein neues Abenteuer beginnen? Dann habe ich mit einem Studienberater gesprochen und bin schließlich in den Niederlanden gelandet. Mit einem Wort, meine Erfahrung war unglaublich! Während meines 5-monatigen Aufenthalts konnte ich Utrecht mein Zuhause nennen. Denn ich hatte das Glück, meine Freunde zu treffen, und wir konnten viele schöne Erinnerungen sammeln. Während ich ein anspruchsvolleres Semester absolvierte, hatte ich viel Präsenz-Lehre, die aus vielen konstruktiven Begegnungen bestand. Ich wurde von meinen Kommilitonen motiviert, die zwar sehr kompetitiv waren, mich aber auch sehr unterstützten. Diese Erfahrung hat mir in meinem ersten Jahr in Hamburg gefehlt.
Saskia: Das klingt nach einer sehr schönen Erfahrung! Wie organisiert man ein Auslandssemester? Was hast Du bei der Planung nicht erwartet?
Dong: Die Idee, im Ausland zu studieren, kam mir, als ich in unser Modulhandbuch geguckt habe, dann nahm ich Kontakt mit dem Erasmus-Programmkoordinator Sonja Kanemaki und Studienberater Dr. Thomas Pohlmann auf. Sie boten mir freundlicherweise Hilfe an, vor allem bei dem Papierkram. Nachdem ich lange mit ihnen und dem Koordinator an der Universität Utrecht hin und her gemailt hatte, hat mit meiner Bewerbung alles geklappt. Was die Unterbringung angeht, so würde die Universität Utrecht Unterstützung leisten und Wohnungen für Austauschstudenten bereitstellen, aber man muss sich frühzeitig anmelden - wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
Ich war besorgt, dass ich ein weiteres Semester verlängern müsste, aber ich schaffte es, während meines dritten Semesters Kurse an beiden Instituten zu belegen. Die meiste Zeit habe ich in Utrecht verbracht, bin aber zwei mal mit dem Zug zurück nach Hamburg gefahren, um Tankexperimente im Labor zu machen. Diese sind Teil eines Pflichtkurses im dritten Semester. Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass das Bewerbungsverfahren so langwierig und bürokratisch ist, man muss sich auf beiden Seiten bewerben. Man muss also Geduld haben.
Saskia: Hattest Du Schwierigkeiten, weil Du ein Nicht-EU-Bürger bist? Gibt es einen Rat/Tipp, den Du dir im Vorfeld gewünscht hättest?
Dong: Für Nicht-EU-Bürger gibt es keinen großen Unterschied, solange die deutsche Aufenthaltsgenehmigung während des Auslandszeitraums gültig bleibt. Ein Problem, auf das ich gestoßen bin, war, dass ich ursprünglich zwei Semester im Ausland verbringen wollte, aber nur ein Semester gemacht habe, weil meine Aufenthaltsgenehmigung nicht für das zweite Semester galt. Außerdem muss man, um die Befreiung von der niederländischen Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, einen Versicherungsnachweis und einen Finanzbericht bei der niederländischen Einwanderungsbehörde einreichen. Mein Rat für die Bewerbung ist, die Bewerbungsfrist im Auge zu behalten, die jedes Jahr Ende Januar endet, wenn man im dritten Semester ins Ausland gehen will. Zweitens: Bleibt in Kontakt mit den Koordinatoren, denn durch sie kann man wertvolle zusätzliche Informationen erhalten, die auf der Website nicht zu finden sind.
Saskia: Nun haben wir schon viel über die organisatorische Seite gesprochen, aber wie genau sieht das Studentenleben aus? Wie unterscheiden sich die Studiengänge in den Niederlanden von denen in Deutschland? Vielleicht auch im Hinblick auf die Pandemie: Gab es reine Online- oder Hybridkurse?
Dong: Ich habe mein Studentenleben dort sehr genossen. Ich war erstaunt, dass jeder ein Fahrrad hat, und das Radfahren in Utrecht hat meinen Alltag sehr viel entspannter gemacht. Meine Wohnung lag direkt auf dem Campus und grenzte an eine große Wiese, auf der ich oft Kühe und Schafe grasen gesehen habe. Das Vorlesungs- und Seminarräume, die Bibliothek oder das Fitnessstudio sind nur wenige Minuten mit dem Fahrrad entfernt, oder ich konnte die lebendige Innenstadt in 20 Minuten mit dem Fahrrad erreichen.
Man geht davon aus, dass man in einem Semester 30 Credits erwerben kann, was normalerweise 4 Kurse sind, aber ich habe dort nur 3 Kurse belegt, nämlich "earth system modeling", "data analysis in climate", und "pattern recognition". In Utrecht ist ein Semester in zwei Perioden unterteilt. Ich belegte also die zwei Kurse in der ersten Hälfte des Semesters und dann den dritten Kurs in der zweiten Hälfte. Das Tempo war straff, aber man kann sich auch besser konzentrieren. Es wurde ein hybrider Unterricht angeboten, man konnte entweder persönlich erscheinen oder an den Online-Sitzungen teilnehmen, und ich bevorzuge immer Pränsenzveranstaltungen, da der Austausch mit meinen Kommilitonen und Dozenten so motivierend war.
Saskia: Wie sieht es mit den Prüfungen und dem Arbeitspensum aus?
Dong: Das Arbeitspensum war ein bisschen hoch, aber es gibt sehr detaillierte und transparente Beschreibungen, bevor man sich für einen Kurs anmeldet. Die Kurse, an denen ich teilgenommen habe, umfassten Programmieren, Teamprojekte, schriftliche Berichte, Präsentationen und Posterausstellungen, wobei jeder Teil eine bestimmte Gewichtung in der Endnote hat. Die Dozenten sind erreichbar und geben gerne detailliertes Feedback zu meinen Arbeiten. Die Benotung war streng, aber mir hat es gefallen.
Saskia: Was hat Dich überrascht?
Dong: Nicht viel, ich würde eher sagen, dass ich alles in Utrecht genossen habe, auch wenn das Wetter im Winter so ist wie in Hamburg und die Lebenshaltungskosten ein bisschen höher sind. Das Wichtigste für mich war, dass ich das Glück hatte, meine Mitbewohner und einige Freunde kennenzulernen, sie haben mein Leben viel schöner gemacht.
Saskia: Nachdem Du nach Deutschland zurückgekehrt bist, war es einfach, die Noten anerkennen zu lassen? Gab es Komplikationen?
Dong: Ja, das Studienbüro wird die Leistungen aus dem Ausland anerkennen. Ich hatte nichts dagegen, dass ich in Utrecht 22,5 Credits erworben habe, aber am Ende nur 4 Credits übertragen habe, denn ich brauche nur 4 Credits, um meinen Abschluss zu machen.
Saskia: Zum Studentenleben gehören nicht nur die universitären Veranstaltungen, sondern auch das Leben in der neuen Stadt. Wie hat es Dir in Utrecht gefallen? Hast Du Tipps, was zukünftige Studierende dort unbedingt machen sollten?
Dong: Utrecht hat mir sehr gut gefallen, es ist eine kleine Stadt, aber mit einer schönen Atmosphäre. Die Stadt ist von Grachten durchzogen, mit Blumen, Fahrrädern, Bars und Clubs entlang der Wasserstraße. Gelegentlich finden kostenlose Open-Air-Konzerte auf den Straßen statt. Mit dem Fahrrad kann man alles erreichen, was man in der Stadt braucht, und es ist nicht so überfüllt und laut wie in Amsterdam. Ich empfehle Euch, sich ein Fahrrad zu besorgen, wenn Ihr in Utrecht ankommt, und eine Bootsfahrt durch die Altstadt ist eine Sache, die man im Sommer unbedingt machen sollte.
Saskia: Wie war es, als du wieder zurück nach Deutschland gekommen bist?
Dong: Der größte Unterschied ist, dass ich in Utrecht wirklich ein Gefühl der Zugehörigkeit hatte. Manchmal vermisse ich es, aber inzwischen sollte ich weiterziehen. Jetzt bin ich ziemlich gestresst mit meiner Masterarbeit.
Über die Autoren
Dong Jian ist ein Ocean and Climate Physics Masterstudent und Mitglied der Datenassimilation Gruppe, aktuell arbeitet er an seiner Masterarbeit über "adjoint sensitivity"-Modellierung. Falls Du noch Fragen hast, kannst Du ihn gerne kontaktieren.
Saskia Kahl ist eine ehemalige Ocean and Climate Physics Masterstudentin, die ihre Masterarbeit in der Meereis-Gruppe geschrieben hat. Aktuell promoviert sie an der Otto von Guericke Universität Magdeburg.