Ozeanische Messübungen
In der Lehrveranstaltung Ozeanische Messübungen führen die Studenten in kleinen Gruppen von maximal 3 Personen Versuche durch, um den Umgang mit Messtechniken zu erlernen und um bereits erworbene (bzw. noch zu erwerbende) Kenntisse von physikalischen und ozeanographischen Phänomenen durch eine experimentelle Überprüfung zu vertiefen. Die Studenten bauen unter Anleitung eigene Versuchsstände auf, erfassen Messdaten und werten diese mit rechnerischen und grafischen Hilfsmitteln wissenschaftlich aus. Versuchsaufbau, Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung inklusive theoretischem Hintergrund und Fehleranalyse werden für alle durchgeführten Experimente in einem wissenschaftlichen Versuchsprotokoll zusammengefasst. Thematische Inhalte der Lehrveranstaltung Ozeanische Messübungen sind u.a.
- Oberflächenwellen, interne Wellen und Schallwellen im Wasser
- Instabilitäten geophysikalischer Strömungen
Oberflächenwellen, interne Wellen und Schallwellen
Im ersten Teil der Messübungen steht das Kennenlernen von prinzipiellen Welleneigenschaften im Vordergrund. Die rücktreibenden Kräfte von Oberflächenwellen sind die Oberflächenspannung und die Schwerkraft. Bei sehr kleinen Wellenlängen überwiegt die Oberflächenspannung. Diese Wellen werden Kapillarwellen genannt und ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit nimmt mit zunehmender Wellenlänge ab. Bei Wellenlängen größer 1,7cm überwiegt hingegen der Beitrag der Schwerkraft. Man spricht von Schwerewellen. In Tiefwasser steigt die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Schwerewellen mit zunehmender Wellenlänge. In Flachwasser und Ufernähe hängt die Ausbreitungsgeschwindigkeit nicht mehr von der Wellenlänge sondern einzig von der Wassertiefe ab.
In einem kleinen mit Wasser gefüllten Plexiglas-Tank kann der Zusammenhang zwischen Wellenlänge, Ausbreitungsgeschwindigkeit und Wassertiefe demonstriert werden. Wenn man darin stehende Wellen anregt (Abb. erste Reihe links), entspricht deren Wellenlänge der doppelten Kantenlänge des Tanks. Die Schwingungen werden mit einer Kamera aufgezeichnet, so dass die Periode der Welle aus dem Videomaterial (Abb. erste Reihe rechts) ermittelt werden und die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle berechnet werden kann. Die Quaderform des Tanks bietet die Möglichkeit, die Wellenlänge und die Wassertiefe zu variieren. Die Beobachtungen können anschließend mit den theoretischen Beziehungen für Oberflächenwellen verglichen werden.
Ein häufig auftretendes Phänomen in Ozeanen sind Schichten mit unterschiedlicher Dichte. Dichteunterschiede entstehen z.B. wenn sich die oberen Lagen des Meeres durch Sonneneinstrahlung erwärmen oder Wassermassen mit unterschiedlichen Salzgehalten aufeinander treffen. An den Grenzflächen der Dichtestufen können interne Wellen, sogenannte Grenzflächenwellen auftreten. Zur Veranschaulichung von internen Wellen steht ein Plexiglastank zur Verfügung, der mit zwei Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte und Farbe befüllt ist (Abb. zweite Reihe links). Ähnlich wie bei den Oberflächenwellen wird die Ausbreitungsgeschwindigkeit der internen Welle ermittelt, aus der sich wiederum der Dichteunterschied der beiden Flüssigkeiten berechnen lässt.
Bei der Erprobung des Mediums Wasser spielen akustische Verfahren eine große Rolle. Ihr großer Vorteil ist die berührungslose Messung, die sich auch von fahrenden Schiffen durchführen lässt. Akustische Verfahren werden beispielsweise zur Strömungsmessung (Acoustic Doppler Current Profiler), zur Temperaturmessung (Ocean Acoustic Tomography) oder zur Messung der Wassertiefe (Echolot) eingesetzt. Im Experiment erforschen die Studenten ob Wassertemperatur oder Salzgehalt einen Einfluss auf die Schallgeschwindigkeit im Wasser haben (Abb. zweite Reihe rechts).
Experimente mit rotierenden Tanksystemen
In rotierenden Tanksystemen können ozeanische Phänomene nachgebildet und erforscht werden, die von der Erdrotation beeinflusst werden. Die praktische Demonstration mit einem rotierenden Tank trägt zum Verständnis der dynamischen Prozesse bei, die im Rahmen des Studiums Ozeanographie von mitunter komplizierten mathematischen Gleichungen und numerischen Modellen beschrieben werden.
Ausführliche Beschreibungen von Experimenten in rotierenden Tanks findet man auf den Seiten von WEATHER in a TANK.
Am IfM stehen zwei Drehvorrichtungen und eine Anzahl runder und eckiger Tanks zur Ausbildung der Studierenden zur Verfügung (siehe Abb.). Um Instabilitäten und Strömungsmuster in Tanksimulationen sichtbar zu machen, werden farbige Substanzen eingesetzt. Mitgeführte Kameras erlauben die Beobachtung von Strömungsphänomenen, die sich in dem rotierenden Bezugssystem aus der Sicht eines mitrotierenden Beobachters, einstellen.
Der Film zeigt ein Drehtank-Experiment, das die Entstehung von Rossby Wellen illustriert. Obwohl die Signatur einer Rossby Welle an der Meeresoberfläche nur wenige Zentimeter beträgt, spielen Rossby Wellen für die Dynamik des Ozeans eine wichtige Rolle mit Auswirkungen auf Wetter und Klima.
Das physikalische Prinzip hinter der Entstehung von Rossby Wellen ist die Erhaltung von Drehimpuls, genauer gesagt die Erhaltung von potentieller Vorticity (Wirbelhaftigkeit): Das Verhältnis zwischen der absoluten Vorticity (planetare Vorticity + relative Vorticity eines Fluidpakets) und der vertikalen Ausdehnung der Flüssigkeitssäule (Meerestiefe) bleibt konstant. Durch die Kugelgestalt der Erde ändert sich die planetare Vorticity mit der geographischen Breite. Wird ein Flüssigkeitspaket parallel zur Achse der Erdrotation ausgelenkt muss sich seine relative Vorticity ändern damit die absolute Vorticity erhalten bleibt.
Im Tankexperiment werden die Rossby Wellen über einen "Nord-Süd" Gradient der Tanktiefe angeregt. Die flache Tankseite repräsentiert Norden, das tiefere Gebiet den Äquator. Ein gefärbter Eiswürfel wird in der nordöstlichen Ecke des zyklonal rotierenden Tanks ins Wasser gesetzt. Das kalte Schmelzwasser sinkt ab und im Gegenzug wird Umgebungswasser zum Würfel gezogen. Aufgrund von Drehimpulserhaltung wird der Würfel in eine zyklonale Rotation versetzt, in deren Folge westlich des Würfels Wasser den Abhang herab gedrängt wird. Die Wassersäule dieses Fluidpakets wird gestreckt und es wird zyklonale Störungs-Vorticity erzeugt. Das Fluidpaket bewegt sich so lange auf der zyklonalen Bahn bis es eine nördliche Komponente aufweist und zum Ausgangsbreitenkreis zurückkehrt. Auf der östlichen Seite des Würfels wird Wasser den Abhang hinauf gedrängt, die Wassersäule wird gestaucht und die Strömung muss mit einer antizyklonalen Gegendrehung reagieren. Das Flüssigkeitspaket wird wieder nach Süden getrieben. Die rücktreibende Kraft ist proportional zur Verschiebung aus der Ausgangslage und ein einmal ausgelenktes Flüssigkeitspaket wird um seine ursprüngliche geographische Breite hin- und herpendeln. Es entsteht eine meridionale Schwingung, die sich nach Westen ausbreitet.
Wind-Wellen-Kanal
Der Wind-Wellenkanal (WWK) der Universität Hamburg befindet sich auf dem Gelände der Bundesanstalt für Wasserbau in HH-Rissen. Hier werden Experimente zum Einfluss des Windes auf das Wellenfeld an der Wasseroberfläche und auf das Strömungsfeld oberhalb und unterhalb der Grenzfläche durchgeführt.
Der WWK hat eine Gesamtlänge von 24 m, eine Breite von 1 m und eine mittlere Wassertiefe von 0.5 m. Der Luftraum hat eine Höhe von 1 m. Über ein Radialgebläse können Windgeschwindigkeiten bis zu 15 m/s erzeugt werden, wodurch dominante Wellen mit Längen bis zu 50 cm und Amplituden bis zu 2 cm erzeugt werden können. Zusätzlich können lange Wellen mit Längen zwischen 0.25 m und 3 m und Amplituden bis zu 3 cm mithilfe einer mechanischen Wellenklappe erzeugt werden. Mit der verfügbaren Messtechnik sind Messungen auf beiden Seiten der Grenzfläche zwischen Wasser und Luft möglich.
Wellenauslenkung und -neigung werden mit einem dünnen Wellendraht (Abb. unten, rechts) und einer Laser-Neigungssonde gemessen. Experimente bei unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten erlauben die Untersuchung des Einflusses des Windes auf das Oberflächen-Wellenfeld, die Erzeugung und Ausbreitung von Kapillar- und Gravitationswellen und des Phänomens des Mikrobrechens an den Wellenkämmen.
Mit einem Akustischen Doppler-Velocimeter (Abb.unten, links) werden in hoher zeitlicher Auflösung die drei Geschwindigkeitskomponenten der Wasserströmung erfasst. Im Experiment werden ADV-Messungen in verschiedenen Wassertiefen genutzt, um die windinduzierte Strömung und die Orbitalbewegung langer Wellen zu untersuchen.
Messungen der (eindimensionalen) Luftströmung werden mit einem Prandtlrohr (Abb. unten, mitte oben) in verschiedenen Höhen durchgeführt. Mit den so gemessenen Luftprofilen können Aussagen gemacht werden über die windabhängige Rauhigkeitsschicht oberhalb der Wasseroberfläche und damit über den Energieübertrag in das Wellenfeld.
Das Messlabor am WWK ist mit Oszilloskop, Messverstärker, AD-Wandler und mehreren PCs, auf denen sämtliche für die Messungen und deren Auswertungen benötigte Software installiert ist, vollständig ausgestattet. Erste Auswertungen (z.B. der Kalibrierung des Wellendrahtes und der Wellenklappe) werden während der Messübungen vor Ort durchgeführt, und deren Ergebnisse fließen in das weitere Messprogramm ein, das von den Studierenden selbständig mitgestaltet wird.